Kommunalforum 2012

"Energiewende - Fakten, Chancen, Lösungen" - Kommunalforum in Baden-Baden.

Sichere Energieversorgung und sichere Kreditversorgung Grundpfeiler für eine stabile Wirtschaft

von Katrin Lebherz

Ob der steigende Anteil von Erneuerbaren Energien, die Entwicklung von neuen Speichern oder der Ausbau der Netze: Mit dem 2011 beschlossenen Atomausstieg steht in Deutschland kaum ein Bereich vor so großen Herausforderungen wie der Energiesektor. Unter dem Motto "Energiewende - Fakten, Chancen, Lösungen" fand daher am 23. Oktober das Kommunalforum der Sparkassenfinanzgruppe Baden-Württemberg statt. Rund 600 Vertreter aus Politik, Kommunen und den Sparkassen folgten der Einladung ins Kongresszentrum nach Baden-Baden.

Sparkassenpräsident Peter Schneider machte in seiner Begrüßung deutlich, dass der Finanz- und der Energiebereich eng miteinander verbunden seien: "Ohne eine sichere Energieversorgung und eine sichere Kreditversorgung ist eine stabile Wirtschaft nicht möglich". Durch die Finanzierung von neuen Energien wie Windkraft, Photovoltaik und Biogas leisten die Sparkassen als verlässliche Kreditgeber einen großen und aktiven Beitrag zur Energiewende. Daneben unterstützen viele Sparkassen kommunale Projekte und Bürgerinitiativen. Mehr als die Hälfte aller Sparkassen im Land bieten bereits heute sogenannte Ökosparbriefe an, mit denen eine Verzinsung garantiert und Ökoprojekte vor Ort gefördert werden.

Helmfried Meinel, Ministerialdirektor im baden-württembergischen Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, zeigte die Energiepolitik des Landes auf. Oberstes Ziel der Landesregierung ist es, den Anteil der Erneuerbaren zu erhöhen und den Ausstieg aus der Kernenergie konsequent umzusetzen. Gerade im Bereich der Windkraft rechnet das Land Baden-Württemberg mit 100 bis 150 neuen Windanlagen im Jahr. Auch im Bereich der Photovoltaik-Anlagen und der Biomasse will das Land einen hohen Zuwachs erreichen.

Ein Potentialatlas, der derzeit erstellt wird, soll aufzeigen, welche Flächen sich im Land für welche regenerative Energieerzeugung eignen. Auch die Energieeffizienz sei ein wichtiges Thema: "Gerade bei Sanierungen bestehender Gebäude kann viel Energie eingespart werden. Wir machen uns deshalb in Berlin stark dafür, dass Gebäudesanierungen künftig steuerlich besser absetzbar sind", so der Amtschef des Umweltministeriums. Das Land hat zahlreiche Fördermöglichkeiten aufgelegt, um die Effizienz, aber auch andere Energie-Projekte zu unterstützen. Hier sollen aktiv die Bürger beteiligt werden, beispielsweise durch Bürger-Energiegenossenschaften. Meinel: "Ohne die Bürger und die Kommunen geht es nicht."

Dass die Energiewende nur gemeinsam erfolgreich zu schaffen ist, stellten auch die anderen Referenten dar. "Alle Akteure müssen zusammenarbeiten: Die Stadtwerke, die großen Energieversorger, die Kommunen und die Bürger", sagte Dr. Gerd Landsberg. Aus Sicht des Hauptgeschäftsführers des Deutschen Städte- und Gemeindebundes ist eine Bündelung der Energiekompetenz auf ein Ministerium auf Bundesebene dringend notwendig. Zugleich setzt sich der Deutsche Städte- und Gemeindebund für die Einrichtung eines unabhängigen Sachverständigenrats ein. "Wir brauchen für eine erfolgreiche Energiepolitik eine bessere Abstimmung aller beteiligten Stellen und Partner", so Landsberg. Und weiter: "Die Energiewende ist ein langer Prozess und gerade für unsere Wettbewerbsfähigkeit ein unglaublich wichtiger Schritt, der gegangen werden muss. Eine Planwirtschaft in diesem Bereich halte ich für den falschen Ansatz". Um die Akzeptanz in der Bevölkerung zu steigern - beispielsweise für den Ausbau der Netze - fordert Landsberg eine groß angelegte Informationskampagne, die über die erforderlichen Maßnahmen, Alternativen, Risiken und Folgen aufklärt. "Die Umsetzung der Energiewende ist ein Prozess, der unser Leben nachhaltig verändern wird."

Diese Veränderung ist bereits in vollem Gange - wie der ehemalige Präsident der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, ausführte - und "darf weder verniedlicht, dramatisiert oder schlicht geleugnet werden." Kurth begrüßte den bisher erfolgten Ausbau der dezentralen Erzeugungsanlagen, machte aber deutlich, dass heute noch knapp ein Fünftel der Energie aus Atomkraftwerken stammt und auch künftig konventionelle Kraftwerke dringend benötigt werden. Seine Sorge gründet sich vor allem darin, "dass der Netzausbau diesem schnellen Tempo nicht hinterherkommt und hier aufgrund langer Genehmigungsverfahren und Bürgerprotesten zu viel Zeit verloren geht. Viele Verzögerungen kann sich Deutschland nicht erlauben." Kurth sprach sich zu einem raschen Handeln und Lösungen fernab von Wahlkämpfen auf. Kurth: "Die Art und Weise, wie wir Strom erzeugen und Umwelt und Klima schützen, eignet sich nicht als Ersatzreligion, sondern erfordert die Mobilisierung der besten technischen und wissenschaftlichen Lösungen und den kreativen Wettbewerb unterschiedlicher Ideen und Konzepte."

Aus Sicht des Meteorologen und ARD-Wetterexperten Sven Plöger ist die Energiewende vor allem wegen der endlichen Ressourcen und der stetig wachsenden CO2-Emmission notwendig. "In einer Welt mit sieben Milliarden Menschen und weiterem Bevölkerungswachstum wird der Energieverbrauch stetig zunehmen", so Plöger. Schon heute werden jedes Jahr die nachwachsenden Ressourcen von 1,4 Erden genutzt - obwohl es nur eine Erde gibt. Eine Lösung sieht der Meteorologe in der Entkoppelung von Energieverbrauch und Schadstoffemission. "Dies geht nur mit Erneuerbaren Energien. Nur wenn viele Kommunen in Deutschland, Europa und der Welt lokal handeln, ist ein globales Ergebnis möglich. Und genau darauf kommt es beim globalen Thema Klimawandel in den kommenden Jahren an."

Wie lokales Handeln möglich ist, zeigt die Stadt Karlsruhe auf. Gemeinsam mit den Stadtwerken Karlsruhe beteiligte sich die Stadt an dem Wettbewerb "Klimaneutrale Stadt", der vom Umweltministerium ausgeschrieben worden war. Karlsruhe wurde dabei als eine von neun Musterkommunen im Land ausgewählt. Nach einer Machbarkeitsstudie sprach sich im Frühjahr 2012 der Gemeinderat dafür aus, bis zum Jahr 2050 den Bedarf an Strom, Wärme und Energie für Mobilität in Karlsruhe weitgehend CO2-neutral bereitzustellen.

Als erster Schritt sollen beispielsweise ein Sanierungsprojekt und der Aufbau einer Energieeffizienzberatung kleiner und mittlerer Unternehmen realisiert werden. "Unser Weg besteht darin, das Thema Klimaschutz übergreifend und mit allen Akteuren der Stadt anzugehen und sie mit differenzierten Maßnahmen mitzunehmen. Deshalb wollen wir alle Handlungsfelder ausschöpfen und überall etwas bieten, mit dem die Menschen ihren Beitrag leisten können", so der Umweltbürgermeister der Stadt Karlsruhe, Klaus Stapf.

Dass ein erfolgreiches Unternehmen auch im Energiesparen Spitze sein kann, zeigte die Geschäftsführerin von VAUDE, Dr. Antje von Dewitz, auf. Als mittelständisches Unternehmen der Outdoor- und Bikebranche hat sich VAUDE zum Ziel gesetzt, Europas umweltfreundlichster Outdoor-Ausrüster zu werden. So nutzt VAUDE bereits heute ausschließlich Strom aus Erneuerbaren Energien. Die eigene Photovoltaik-Anlage auf dem Dach des Firmensitzes in Tettnang erzeugt ein Drittel des Strombedarfs von VAUDE, der Unternehmensstandort und alle dort hergestellten Produkte sind "klimaneutral". Gleich zwei Preise gingen zuletzt an das Familienunternehmen: 2011 der Deutsche Nachhaltigkeitspreis und der B.A.U.M Umweltpreis. Nachhaltigkeit ist fester Bestandteil der Unternehmensphilosophie und geht dabei weit über ökologische Maßnahmen hinaus. Soziale und gesellschaftliche Verantwortung werden ebenso groß geschrieben wie die Umweltfreundlichkeit.